Gesichter

Wilfrid Perraudin – Une femme

Wilfrid Perraudin – Une femme
1955 – Ölfarbe auf Hartfaserplatte – 42x62 cm
Ref.-Nr. 2733 (Im Nachlass, unverkäuflich)

Wilfrids künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Gesicht geschah auf zwei verschiedene Weisen. Portraitierte er Personen, ging es ihm nicht nur um die Physiognomie, sondern auch um das Erfassen des Wesens des Individuums. Doch zeichnete und malte er auch immer wieder Gesichter, die sich von Anatomie und Psychologie lösten. Diese Gesichter haben etwas Zeichenhaftes. Trotz aller Reduzierung, bis hin zur bloßen Andeutung von Augen, Nase, Mund, sprechen sie einen unmittelbar an, man glaubt zuweilen, sie zu kennen, ja eine vertraute Nähe zu ihnen zu haben.

Er sagte mir mal: Frankreich, das ist die Marianne. Einfach die Vorstellung von einer starken, tollen Frau (une femme forte et épatante). Sie steht für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Keiner weiß, wie sie aussieht, und doch hat jeder ein Bild von ihr.

Und als begeisterter Weltbürger oder zumindest – weil es nicht ganz so utopisch war – als begeisterter Europäer, stellte er sich so ähnlich auch Europa vor. Es sei ein weibliches Wesen, so viel steht fest, denn dies geht ja schon aus dem Namen hervor. Klug sei sie, weitsichtig und somit auch friedfertig. Eine Vorstellung von ihr hatte er insofern, als sie jedem gleichen solle, aber niemandem ähneln dürfe. Außer vielleicht der Sonne (s. "Europa" – Ref.-Nr. 2585 und 2968).

(R.P.)